Ermittlungs- und Hauptverfahren

Der Schwerpunkt der Gerichtshilfearbeit liegt im Ermittlungs- und Hauptverfahren. In diesen Verfahren erforscht die Gerichtshilfe wichtige Umstände für die Zumessung der Rechtsfolgen der Tat im Hinblick auf

  • die Strafzumessung
  • die Strafaussetzung zur Bewährung
  • die Verwarnung mit Strafvorbehalt
  • die Einstellung des Verfahrens gemäß §§ 153, 153 a  StPO
  • die Anordnung von Auflagen oder Weisungen nach § 153 a  StPO
  • die Bewilligung von Zahlungserleichterungen sowie
  • die Anordnung, die Aussetzung und den Aufschub von Maßregeln der Besserung und Sicherung

Im Gerichtshilfebericht soll die Persönlichkeit mit ihren Stärken und Schwächen im  Verhalten (z.B.  Sucht) und in den Reaktionsweisen der Betroffenen sowie das soziale Umfeld dargestellt werden. Ebenso wird immer die wirtschaftliche Situation überprüft und festgehalten. Dies ist unter anderem für eine angemessene Zumessung einer Sanktion  hilfreich (etwa bei der Frage noch Geld- oder schon Freiheitsstrafe) und erleichtert später die Durchführung der Vollstreckung z.B. bei Geldstrafen und Bewährungsauflagen. Auch bei einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens gemäß § 153 a  StPO  muss bei Einholung eines Berichtes nicht mehr über das Einkommen des Beschuldigten / Angeklagten spekuliert werden und man ist bezüglich der finanziellen Situation nicht nur auf die Angaben des Betroffenen angewiesen.

Vollstreckungs- und Gnadenverfahren

Bei der Vorbereitung der nach der Rechtskraft des Urteils zu treffenden Entscheidungen sowie im Gnadenverfahren soll die Gerichtshilfe insbesondere zur Aufklärung von für die Entscheidung maßgeblichen Umständen in der persönlichen Situation und im Verhalten des Verurteilten eingesetzt werden. Dies soll vor allem bei Entscheidungen geschehen, (soweit nicht Bewährungsaufsicht angeordnet ist) die

  • einen Widerruf der Strafaussetzung
  • eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung
  • eine Aussetzung von Maßregeln der Besserung und Sicherung
  • Strafausstand (Strafunterbrechung, -aufschub)
  • Zahlungserleichterungen
  • das Absehen von der Vollstreckung einer Geldstrafe oder einer Nebenfolge oder
  • die Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe (für eine uneinbringliche Geldstrafe) durch gemeinnützige Arbeit

 betreffen.

 

Gemeinnützige Tätigkeit

Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Prüfung für und die Vermittlung von gemeinnütziger Tätigkeit. Dies kommt bei Bewährungsauflagen (soweit nicht Bewährungsaufsicht angeordnet ist) und bei vorläufigen Einstellungen von Verfahren in Betracht.

 

Täter-Opfer-Ausgleich

Ein besonderer Aufgabenbereich der Gerichtshilfe im Ermittlungsverfahren ist die Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleiches (TOA ).

Im  TOA   sollen durch eine von beiden Seiten akzeptierte Wiedergutmachung Konflikte bewältigt werden. Ein erfolgreicher  TOA   kann dazu führen, dass das Strafverfahren gegen den Täter eingestellt oder die Strafe gemindert wird. Vorteile des TOA  für das Opfer sind der schnelle und kostenlose materielle Schadensausgleich sowie vor allem die Chance, sein persönliches Sicherheitsgefühl zurückzugewinnen, dadurch dass der Täter von einer anonymen Bedrohung zu einem konkreten Menschen wird, vor dem man sich nicht mehr zu fürchten braucht, wenn er ehrliche Reue zeigt.

Voraussetzungen sind:

  1. Der Täter hat den Sachverhalt eingestanden,
  2. das Opfer ist personifizierbar,
  3. die Bereitschaft von Täter und Opfer zur Mitwirkung. 

Kurz zur Vorgehensweise:

Es werden zunächst getrennt Gespräche mit den Konfliktparteien geführt. Anschließend findet ein gemeinsames Schlichtungsgespräch der Beteiligten unter Moderation des Gerichtshelfers statt.

Ziel der Gespräche ist unter anderem

  • die Aufarbeitung der Tat,
  • Wiedergutmachungsvereinbarungen zu treffen, wie  z.B..  Entschuldigung, Schadensersatz, Schmerzensgeld usw.

 

Opferberichterstattung

Ein weiteres Arbeitsgebiet der Gerichtshilfe ist die Opferberichterstattung. Nach Inkrafttreten des neuen Gewaltschutzgesetzes im Jahre 2002 wurde bei der Staatsanwaltschaft Hagen das Sonderdezernat „Häusliche Gewalt“ eingerichtet. Die Beauftragung der Gerichtshilfe in Fällen von „Häuslicher Gewalt“ wächst seitdem stetig. In diesen Verfahren werden besonders häufig Opferberichte angefordert. Bei dieser Form der Berichterstattung für Gerichte und Staatsanwaltschaften geht es darum, ob und was seit der Tat mit dem Opfer passiert ist. Es wird die aktuelle Situation dargestellt, die Auswirkung der Tat auf das Opfer erfasst, über Hilfs- und Behandlungsangebote informiert und diese bei Bedarf vermittelt.

 

In den Opferberichten wird unter anderem beurteilt,

  • ob das Opfer von dem Beschuldigten und/oder den Angehörigen/Freunden beeinflusst
  • oder unter Druck gesetzt wird,
  • ob das Opfer in der Hauptverhandlung von einem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen wird,
  • das Sprachvermögen und die Ausdrucksfähigkeit des Opfers,
  • die mögliche Belastung des Opfers, in Anwesenheit des Angeklagten auszusagen sowie der Notwendigkeit einer Prozessbegleitung

 

Die Praxis zeigt, dass vielfach durch die Einschaltung der Gerichtshilfe vor Ort die Taten in ihrem gesamten Ausmaß erfasst und erste Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für die Opfer eingeleitet werden können.